Peter Greens „Oh Well“ – Die ultimative Meisterklasse
Ein tiefgehender Blick auf den Riff, der die Rockmusik revolutionierte
🌍 Historischer Kontext: Ein Song verändert die Musiklandschaft
Im Herbst 1969, als die Musikwelt zwischen Blues-Revival und aufkeimendem Hard Rock schwankte, veröffentlichte Fleetwood Mac mit „Oh Well“ einen Song, der alle Grenzen sprengen sollte. Peter Green, der geniale Gitarrist und Bandleader, schuf hier unwissentlich eine Blaupause fĂĽr die gesamte Heavy-Metal-Bewegung der 70er Jahre.
Was diesen Song so revolutionär machte:
- Radikale Simplizität: Green reduzierte den Blues auf sein rhythmisches Skelett
- Innovative Produktion: Der „trockene“, halllose Sound war fĂĽr die Zeit ungewöhnlich
- Dynamische Spannung:Â Der Kontrast zwischen aggressivem Riff und zurĂĽckhaltendem Gesang
Interessanterweise betrachtete Green selbst den Song als Nebenprodukt – in Interviews nannte er ihn abfällig ein „Wegwerf-Riff“. Doch die Zeit bewies das Gegenteil: Bands von Led Zeppelin bis Black Sabbath zitierten dieses StĂĽck als SchlĂĽsseleinfluss.
🎵 Musikwissenschaftliche Tiefenanalyse: die geniale Struktur des Riffs
John Brackett, Professor fĂĽr Musiktheorie, identifiziert drei Kerninnovationen:
- Das chromatische Motiv
Anders als typische Blues-Riffs bewegt sich Greens Komposition in kleinen Halbtonschritten (E-F-F#-G). Diese dĂĽstere, „kriechende“ Bewegung wurde später zum Markenzeichen des Heavy Metal. - Die Call-and-Response-Architektur
Greens Gesangszeile wird nicht – wie im Blues üblich – von der Gitarre wiederholt, sondern von einem kontrastierenden Motiv beantwortet. Diese Dialektik schafft enorme Spannung. - Rhythmische Subversion
Während der Riff auf den ersten Blick einfach wirkt, bricht er durch Synkopen und Offbeat-Akzente mit allen Konventionen. Mick Fleetwoods Schlagzeugspiel verstärkt diese Irritation noch.
Der spezielle Sound
Greens unverwechselbarer Klang entstand durch:
- Der umgedrehte Les Paul Hals Pickup (out-of-phase)
- Saitenanschlag nahe dem Steg für mehr Attack
- Minimaler Amp-Verzerrung – ganz anders als der spätere Metal
🎓 Aufbereitung: So meisterst du den Song
Die richtige Herangehensweise
Viele Gitarristen scheitern an „Oh Well“, weil sie:
- Das Tempo überschätzen (Original: nur 102 BPM)
- Die Dynamik ignorieren (laut-leise-Kontraste!)
- Das Vibrato ĂĽbertreiben (Green nutzte es sparsam)
Detaillierte Ăśbungsmethode
Woche 1: Fundament legen
- Tag 1-3: Nur Riff 1 (tiefen Saiten) im Loop
- Tag 4-5: Riff 2 ĂĽben
- Tag 6-7: Chromatik isoliert ĂĽben und dann alles zusammenfĂĽgen
Woche 2: Musikalität entwickeln
- Dynamische Gestaltung (Markiere die Downbeats!)
- Authentisches Vibrato (nur auf Zielnoten)
- Timing-Experimente (leichtes „Behind-the-beat“-Spiel)
📚 Kulturhistorische Einordnung
„Oh Well“ markiert einen der Momente, als sich der Blues vom afroamerikanischen Erbe emanzipierte und zu einer eigenständigen britischen Kunstform wurde. Green kombinierte hier:
- Die Rohheit von Chicago-Blues (besonders Muddy Waters)
- Die Experimentierfreude der britischen Invasion
- Eine vorahnende DĂĽsternis, die auf Metal verweist
Interessanterweise war der Song kommerziell erfolgreicher in Großbritannien (#2) als in den USA (#55) – ein Zeichen für die unterschiedliche Rezeption dieser musikalischen Revolution.
🎙️ Zeitzeugenberichte & Anekdoten
Mick Fleetwood erinnert sich in seiner Autobiografie:
„Peter spielte diesen Riff während einer Soundcheck-Pause. Innerhalb von 20 Minuten hatten wir den Take im Kasten. Wir wussten nicht, dass wir gerade Geschichte schrieben.“
John Paul Jones (Led Zeppelin) gestand 2003:
„Als ich ‚Black Dog‘ schrieb, hatte ich ‚Oh Well‘ seit Wochen im Kopf. Diese chromatische Bewegung – das war pure Magie.“
🔮 Warum dieser Song heute noch relevant ist
- LehrstĂĽck in Minimalismus
Der Beweis, dass groĂźe Kunst nicht komplex sein muss - BrĂĽcke zwischen Generationen
Von Jack White bis John Mayer berufen sich KĂĽnstler darauf - Technischer Meilenstein
Zeigt, wie Equipment (out-of-phase-Pickups) Kunst formt
🎼 Empfohlene Vergleichsstücke
- Led Zeppelin – „Black Dog“ (1971)
- Black Sabbath – „N.I.B.“ (1970)
- John Mayall – „The Supernatural“ (1967)
🎸 Line 6 Helix Presets: Meine Sounds
🎸 VIP-Guitar Plektren: Meine Plektren
„Oh Well ist kein Song – es ist ein seismisches Ereignis in der Geschichte der Gitarre.“
Viel SpaĂź und Erfolg mit diesem Klassiker.
Horst Keller




4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Horst,
habe den Kurs „Sologitarre Spielen wie dei Profis“ durchgearbeitet, muss aber noch einiges trainieren, ich finde das genial, wie du es aufgebaut und rĂĽbergebracht hast. Es hat mir sehr viel gebracht. Mir ist auch aufgefallen, dass du in den neueren Videos ĂĽber einen Pod Stomp spielst. Ist Dein Helix kaputt? Der Stomp hat, was ich so höre auch einen guten Sound.
Will mir auch dein „Oh Well reinziehen. Glaube da sind Grenzen, die ich noch ĂĽberwinden musss (will).
Viele GrĂĽĂźe aus Freiburg und bleibt gesund.
Axel Dreier
Hallo lieber Axel, herzlichen Dank für dein Feedback, das freut mich sehr. Den Helix Stomp habe ich mir nur ausgeliehen, um einige neuen Presets zu programmieren. 🙂 Oh Well ist ein echter Klassiker, da brauchst Du Geduld und viele Wiederholungen. Liebe Grüße und viel Erfolg! Horst
Hallo Horst,
finde ich auch es ist ein Meilenstein sich mit einer Gitarre ausdrĂĽcken zu können. Ich hatte schon immer einige Fragmente in den Fingern, mich allerdings nicht mit der ganzen Materie beschäftigt. Habe es einmal meiner Kapelle vor geschlagen mit der deutschen Lyrik vom Stoppock … leider konnte ich sie noch nicht begeistern. Aber ich erfreue mich immer noch an einer schönen Version einer „Mädchen“-Kapelle welche noch echten Rock’n Roll in sich haben:
https://www.youtube.com/watch?v=VikyxJoBF2k
Bis ich meine Kollegen überzeugt habe spiele ich immer noch Fragmente zum Aufwärmen und kann es jedem Gitarrero empfehlen. Es ist nun mal ein echter Klassiker
Hallo Uli,
danke fĂĽr deine Nachricht! Da sprichst du mir aus der Seele – es ist wirklich ein Meilenstein und ein tolles GefĂĽhl, sich mit der Gitarre ausdrĂĽcken zu können, gerade als „Feierabendklampfer“! Das mit den Fragmenten, die man ĂĽber die Zeit sammelt und immer wieder gerne spielt, ohne gleich die ganze Theorie dahinter zu pauken, kenne ich nur zu gut. Mache ich selbst gerade bei diesem StĂĽck immer wieder.
Die Idee, den Klassiker (ich nehme an, du meinst „Oh Well“?) mit Stoppok-Texten zu versehen, klingt echt spannend! Schade, dass deine Kapelle da bisher nicht so begeistert war. Aber wer weiĂź, vielleicht brauchen sie einfach noch ein bisschen Zeit – oder die richtige Stimmung nach Feierabend, um sich dafĂĽr zu erwärmen! Stoppok ist ein besonderer Texter.
Super, dass du eine Version von der „Mädels“-Kapelle gefunden hast, sie gefällt mir ausgesprochen gut und hat absolut die richtige Energie.
Gerade um nach einem Arbeitstag die Finger locker zu bekommen, ist dieser Riff Gold wert. (wie Sweet Child of mine) Du sagst es: ein echter Klassiker, der einfach SpaĂź macht und den man jedem Gitarrero nur empfehlen kann.
Weiterhin viel Freude mit der Gitarre.
Liebe GrĂĽĂźe
Horst